Seefahrt 4


Meine erste Reise (MS “Schwabenstein“) war beendet. Es war kurz vor Weihnachten 1964.
Nun wollte ich das Weihnachtsfest gerne zu Hause mit der Familie verbringen, aber es sollte alles ganz anders kommen.
Am 21. Dezember 1964 bekam ich ein Telegramm von der Heuerstelle in Bremen. Ein Telegramm deshalb, weil ein Telefonanschluß zu damaliger Zeit in den privaten Haushalten eher eine Seltenheit war.
In dem Telegramm stand: Dienstantritt 22. Dezember 1964
 8:00 Uhr Urlaubsvertretung (Jungzimmermann)

Das war der Moment auf den ich so lange warten mußte. Auf Weihnachten zu Hause mußte ich wohl verzichten. Dafür bekam ich aber meine Chance. Es war eine Vertretung für die "Europazeit".

Beim NDL gab es die Regelung, wenn das Schiff auf der Heimreise den ersten europäischen bzw. deutschen Hafen anlief, konnten sich  Besatzungsmitglieder auf Wunsch während dieser "Europazeit"so ca. 10 bis 14 Tage ablösen lassen. Meistens waren es die Häfen  Rotterdam oder Antwerpen, seltener Le Havre, kam aber auch hin- und wieder vor.
Dafür kam dann die Urlaubsvertretung an Bord. Meistens nahmen verheiratete Kollegen dieses in Anspruch. Die "Junggesellen" blieben auch schon mal durchgehend an Bord.
Jedenfalls war es für mich die Gelegenheit, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Welches Schiff es sein würde, wußte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Jetzt sollte es also losgehen. Der Koffer war schnell gepackt. So sehr viel benötigt man für zwei Wochen nicht.
Am nächsten Morgen war ich pünklich um 8:00 Uhr auf dem Heuerbüro in Bremen.
Eine Menge Leute waren dort, um für die verschiedensten Schiffe eingeteilt zu werden.
Mein Heuerschein war für die MS "Siegstein" ausgestellt.
Draußen vor dem Heuerbüro wartete bereits der Kleinbus, der mich mit den anderen "Ablösern" zum Schiff bringen sollte. Ziel war der noch in der Entstehung befindliche "Neustädter Hafen". Nach kurzer Fahrt kamen wir dort an.


Der "Neustädter Hafen"
Eine Aufnahme vom 21.06.2012

Die "Siegstein" lag einsam an der gerade fertiggestellten Pier.
Es war kein weiteres Schiff zu sehen.
Auch die Hallen und Schuppen waren noch in der Aufbauphase.
Die Hafenanlagen machten auf mich einen verlassenen Eindruck.
Nun ging es an Bord.
Die Stamm-Crew wartete bereits. Die abzulösenden Kollegen waren schnell gefunden. Der Zimmermann begleitete mich zu meiner Kammer damit ich meine Utensilien abstellen konnte. Dann ging es gleich los. Er zeigte mir die Back und erklärte mir das Ankerspill. Die Glocke war blank geputzt. Das sei sehr wichtig und wurde immer Einlaufen Deutschland gemacht, um einen guten Eindruck zu hinterlassen, sagte er mir.
Er zog sein großes Schlüsselbund hervor und öffnete den Raum, wo sich Ankerball und Ankerlampe befanden. Auch konnte man von hier aus Strom an die Ankerwinde geben. Dieser Raum war stets verschlossen. Außer dem Zimmermann hatten nur noch Elektriker und Bootsmann einen Schlüssel.

Nachdem er mir nun einiges über Ankermanöver erklärt hatte, setzten wir den Rundgang fort. Das war schon alles sehr aufregend und für mich völliges Neuland.
Der nächste Anlaufpunkt war die Zimmermannswerkstatt. Er nannte sie "Timmerhock". Sie befand sich unter der Back, im Bereich des Kabelgatts. Dort hatte der Bootsmann seine Farben, Leinen, Drähte, Tauwerk usw. untergebracht. Alles schön verwaltet vom "Kabelede".
Im Timmerhock fühlte ich mich schon etwas wohler. Werkzeuge und Material waren mir eher vertraut. Eine Handkreissäge unter einen selbstgebauten Tisch geschraubt, war sein ganzer Stolz.
Wir setzten den Rundgang über Deck fort. Als nächstes zeigte er mir die einzelnen Peillöcher der Laderaumbilgen, der 
Ballastwasser-Tanks sowie der Frischwasser-Tanks.
Zweimal täglich mußte eine Peilung erfolgen. Ein Gliederstab, an einer Leine befestigt, wurde durch besagtes Peilrohr hinabgelassen. Jeweils getrennt nach Zweck des Tanks.

Der Peilstab, der für die Laderaumbilgen bestimmt war, wurde natürlicht nicht zum Frischwasserpeilen benutzt, aber das versteht sich von selbst.
Die Daten wurden in dem sogenannten "Zimmermanns-Journal" genau festgehalten. Morgens und abends übertrug man diese Daten auf eine auf der Brücke befindliche Tafel. Das geschah immer auf der 4 bis 8 Wache. Dann hatte nämlich der 1. Offizier die Wache und er war der "Chef" des Zimmermanns.
Wir gingen nun in den Fettkeller (Maschinenraum), wo es um diese Jahreszeit angnehm warm war. Hier befanden sich die für mich wichtigen Ventile der Frischwasser-Tanks. Im Maschinenraum lernte ich dann auch den Storekeeper kennen, der bei der Ausübung meines Jobs eine wichtige Rolle spielte.
Ohne gute Zusammenarbeit zwischen Deck und Maschine klappt nämlich nichts.
Die wichtigsten Partner aber waren der Bootsmann und seine Decks-Crew.
Je besser das Verhältnis zwischen Boots- und Zimmermann war, um so reibungloser lief der Decksbetrieb.
Das wußte natürlich auch die Schiffsleitung und war bestrebt, keine Mißstimmung aufkommen zu lassen.

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Mein Strolchi
 
:

Alles hat seine Zeit

 
Sally
 
Sally
 
Wir wissen, daß uns der Hund nur ein Stück auf unserem Lebensweg begleiten kann.
Es aber zu begreifen, fällt schwer
Hasso & Molly
 
 
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